Grüße vom Skipper
Wie kann es auf der Petrine weitergehen? Anmerkungen des Skippers Jochen Storbeck:
„Heute morgen habe ich eine Empfehlung gelesen, wie Unternehmen aus der Krise herausfinden können: „Jetzt digitalisieren – oder untergehen“. Das würde ich auf der Petrine nicht empfehlen, auch wenn ihr alle diese Gedanken digital übermittelt bekommt.
Aber wahrscheinlich wird die Petrine in den kommenden Jahren noch musealer wirken. Ihr ursprünglicher Daseinszweck, das Frachtsegeln, ist lange museal geworden. Ihr Daseinszweck war in den vergangenen Jahrzehnten, altes echtes Handwerk zu pflegen, die Natur unmittelbar und ungefiltert zu erleben und dabei persönliches Zusammenleben unter gewöhnungsbedürftigen Bedingungen einzuüben. Wird das in Zukunft auch ins Museum gehören? Wenn nicht, dann freut es mich sehr! Wenn doch, dann werden wir ein „Museum für persönliches Zusammenleben“ werden. Da sehe ich keinen Mangel an Möglichkeiten und Nachfrage!
Die persönlichen Beziehungen zwischen den Petrineseglern waren nicht nur positiv, sie waren auch oft eine Herausforderung. Zum Glück waren sie selten eine Zumutung, aber das gab es auch. Diese Beziehungen kamen in einem Mikrokosmos zustande, der sich maximal von dem unterschied, was wir in der Coronakrise praktizieren müssen. Auf der Petrine lebten wir immer dicht gedrängt und in ständigem Kontakt und bewegten uns unausweichlich mit dem Schiff alle ausnahmslos in die gleiche Richtung. Es wird wunderbar werden, wenn es wieder so ist!
Im besten Fall werden wir Freunde und Partner fürs Leben finden. Das ist häufig passiert an Bord und nach der Krise wird es nötiger werden. Es reicht aber schon aus, wenn wir interessante Menschen kennenlernen und ihnen nahe kommen werden. Das bereichert unser Leben. Wir sehen, wie die anderen sich unterscheiden und begreifen hoffentlich, dass wir selber uns ebenfalls unterscheiden.
In jedem Fall werden wir einen praktischen Nutzen von den anderen Mitsegl/innen haben. Ohne sie hätten wir nämlich garnicht losfahren können; alleine funktioniert das nicht. Und unterwegs werden wir oft feststellen, dass jemand, der oder die uns möglicherweise auf die Nerven geht, in der Lage ist, etwas Leckeres zu kochen oder zu backen, die defekte Lampe zum Leuchten, das klappernde Fall zum Schweigen, den wackeligen Stuhl zum Stehen, die ungefettete Ankerwinsch zum Drehen, das unklare Tau zum Aufschießen, die müde Bande zum Singen zu bringen. Einer alleine kriegt das auf die Dauer nicht hin.
Manche unserer Mitsegler/innen werden wir einfach nur aushalten müssen. Wir werden uns abgrenzen, uns der nötigen Zusammenarbeit hoffentlich nicht verweigern und froh sein, dass wir selber anders ticken. Auch diese Erfahrung muss geübt werden; sie ist im täglichen Leben unverzichtbar.
Ich freue mich, Euch im Juni (im Juli? im September?? erst nächstes Jahr???) wieder zu sehen für gemeinsame soziale Erfahrungen, tolle Erlebnisse und echte Abenteuer. Ich warte schon jetzt darauf.
Herzliche Grüße, Jochen