Abenteuer Norwegen: Fjorde, Inseln, hohe Berge
Samstag, 24. Mai
Um 20.00 kommen alle Norwegensegler gesund und hungrig an Bord der Petrine in Hirtshals. Wir essen zu Abend, verteilen die Kojen, verstauen das Gepäck, teilen die Wachen ein und lauschen der Sicherheits-
einweisung. In Hirtshals regnet es und es weht ein ganz leichter Südostwind, morgen früh um 4 wollen wir auslaufen und übers Skagerrak bis zur norwegischen Westküste segeln.
Sonntag, 25. Mai
4.20 Leinen Los in Hirtshals. Wir tuckern durch windstillen Morgennebel westwärts. Um 9.00 Uhr setzt Ostwind ein; alle Segel werden gesetzt und bald geht es mit flotter Fahrt übers Skagerrak. gegen Abend laufen wir mit 7 Knoten.
Montag, 26. Mai
In der Nacht hat der Wind auf West gedreht und wir segeln nordwärts auf Kap Lindesnes zu. Lindesnes, das norwegische Südkap bleibt unsichtbar im Morgendunst, hoffentlich wird das am Nordkap anders sein. Nachmittags liegt die imposante Felsenküste von Flekkefjord im Sonnenschein und wir trödeln mit 2 Knoten, ruhen uns aus vom Skagerrak. Ab 22.00 Uhr können wir wieder richtig flott segeln und haben
Dienstag, 27. Mai
mittags die Insel Utsira an Backbord. Nachmittags liegt sie immernoch an Backbord, einlaufen dürfen wir nicht, weil wir noch nicht einklariert haben. So starten wir die Maschine und tuckern durch die Schären in Richtung Bergen. Der Himmel ist beinahe wolkenlos, der Sonnenuntergang will gar nicht enden und die vielen Häuschen auf den Inseln laden zum Träumen ein: Was wäre, wenn man hier wohnte, immer diese Aussicht geniessen koennte…
Mittwoch, 28. Mai
Um 2.30 Uhr machen wir in Bergen fest. Nach dem Frühstück steht die Sonne schon hoch am Himmel und alle erkunden die Stadt auf schwankenden Seemannsbeinen. Mittags liegen bereits die ersten in Badehose an Deck und ab 15.00 Uhr nutzen wir den frischen Südwind um weiter gen Norden vorwärtszukommen. Leider zieht sich der Himmel langsam zu; dafür werden wir mit zunehmendem Wind entschädigt und können mit flotter Fahrt durch die Schären segeln. Um Mitternacht bergen wir nördlich des Sognefjords die Segel und machen auf der kleinen Insel Nara fest.
Donnerstag, 29. Mai
Strömender Regen, schlechte Sicht, stürmischer Südwind, zögerlich erkunden wir die Insel und um 10.00 Uhr setzen wir Segel. Gerefftes Groß und Fock sorgen für 8 Knoten Fahrt, die Felsinseln und der Schiffsverkehr sorgen für reichlich Arbeit an Deck und um 13.00 Uhr wird uns das ganze zu gefährlich: Wir legen an im Hafen von Vaerland, einer Insel ganz weit draußen im Schärengarten. Dies ist eine der schönsten Ecken an der norwegischen Küste und wir wollen mal abwarten, ob wir morgen nicht vielleicht etwas davon zu sehen bekommen. Heute bleiben wir hier. Im Salon wird gelesen, gesungen, gespielt und gebacken.
Freitag, 30. Mai
5.30 Uhr in Vaerland: Hurra, es hat aufgeklart! So´n Mist, der Wind hat auf Nordwest gedreht. Trotzdem gehts los, diesmal unter Maschine. Das Deck füllt sich dank der schönen Inseln ringsum bald mit Fotografen, der Salon füllt sich mit Brötchenduft und um 10.00 Uhr passieren wir Florö. Eine Stunde später können wir Segel setzen. Vor uns liegt der Nordfjord, über 100 km lang, und das Bremangerland, fast 1000 Meter hoch, beides im Sonnenschein. Mit halbem Wind segeln wir hinein. Der Wind lässt uns bald im Stich, aber wir treiben noch ein paar Stündchen kreuz und quer durch den wunderschönen Fjord bevor wir wieder die Maschine starten. Der Wind hat auch draußen abgeflaut und so wollen wir heute Nacht um Kap Stattland herum. Um 21.00 verlassen wir den geschützten Ulvsund und treffen sofort auf eine lange Dünung. Draußen vor dem Kap sind die Wellen bis zu 6 Meter hoch. Bei feinstem Sonnenschein tuckert Petrinchen tapfer bergrauf und bergrunter und gegen 23.00 Uhr haben wir das beeindruckende und gefürchtete Kap gerundet. Um Mitternacht machen wir auf der Insel Kvamsöy fest.
Samstag, 31. Mai
Die Elfenwache verwöhnt uns heute mit einem besonderen Frühstück, denn morgen ist Wachwechsel und danach ist die Nissenwache dran: Gebackene Elfen, Früchtequark, Rührei, Blumensträusse, es fehlt an nichts. Von 9.00 bis 15.00 Uhr sind wir unterwegs durch den engen Röyresund zur Vogelinsel Runde. Die meiste Zeit segeln wir, die meiste Strecke fahren wir mit Maschine, denn falls überhaupt, weht der Wind mit Stärke 1 bis 2. Der Sonnenschein und der Blick auf Inseln, Berge und Gletscher entschädigt uns dafür. Auf Runde wandern fast alle im Sonnenschein über die Insel, landen bei den Vogelfelsen oder im Cafe oder wieder beim Schiff. In der Abendflaute segeln und motoren wir dann noch nach Aalesund, wo wir kurz vor Mitternacht festmachen.
Sonntag, 1. Juni
In die Koje gehen die meisten noch nicht, denn es ist Hafenfest und auch sonst richtig was los in der Stadt. Zum Frühstück kommt bloß eine kleine Runde zusammen, die sich später dann auf dem Aussichtsberg über der Stadt wiedertrifft: Schären, Holme, Inseln, tiefblaues Meer im Norden, Gletscher, schneebedeckte Berge, tiefblaue Fjorde im Süden. Unter uns Aalesund, das wegen seiner im Jugendstil gebauten Häuser als besonders schöne Stadt, vielleicht die schönste in Norwegen gilt. Nachmittags geht’s dann bei Flaute auf die Insel Flemsöya. Kaum ein Lüftchen regt sich, Angelversuche enden erfolglos, aber Himmel, Meer und Sonne halten uns bei prächtiger Laune. Und für Morgen dürfen wir auf mäßigen Südwind hoffen, so meldet es der Wetterbericht.
Montag, 2. Juni
Morgens um 6.00 Uhr kommt tatsächlich Südwind auf. Wir setzen die Segel und rauschen mit 7 Knoten nach Nordosten. Um 8.30 ist alles vorbei. Kein Lüftchen regt sich mehr. Wir werfen die Angeln aus und fangen reichlich Dorsche fürs Abendessen. Um 14.00 stehen wir immernoch auf dem Fleck: Maschine an, Kurs auf Björnsund, ein kleiner Inselarchipel mit hübschen Häuschen, bunten Wiesen und 2 kleinen Häfen. Die Sonne scheint bis kurz vor Mitternacht.
Dienstag, 3. Juni
Morgens wieder pralle Sonne und kein Lüftchen regt sich. Nach dem Frühstück tuckern wir nach Bud hinüber zum Bunkern und Einkaufen. Danach gehts durch die Hustadvika weiter nach Nordosten. Um 13.00 können wir alle Segel setzen und kommen mit 5 Knoten gut voran. Man wird ja bescheiden! Doch die Flaute lässt nicht lange auf sich warten. Den ganzen Nachmittag und Abend stehen wir mehr oder weniger herum und fangen Dorsche. Nächtens tuckern wir durch die Trondheimsleia, um mal wieder ein paar Meilen gen Norden vorwärts zu kommen. Das Meer ist glatt wie ein Spiegel.
Mittwoch, 4. Juni
Um 6.00 Uhr machen wir auf der Insel Kraakevaag fest. Überall ist hier Militär und sogar die Häuser und Vorgärten sind nach Soldatenart gestaltet. Mittags legen wir also wieder ab, tuckern weiter nach Norden, sehen dabei zum ersten Mal Wale. Nachmittags entdecken wir den kleinen Fährhafen von Djupfest, hineingehauen in den Granit und wie sich hinter der Mole zeigt, auch Heimat eines kleinen Bootsklubs. Wir finden ein geeignetes Stückchen Pier für die Petrine und werden, als wie nach einem Grillplatz fragen sogleich auf die Veranda des Klubhauses eingeladen. Hier feiern wir unser Bergfest mit reichlich Fisch, Salat, Koteletts und Gesang. Um halb 12 geht die Sonne unter, eine Gruppe Schweinswale rundet das schöne Bild ab.
Im Westen drohen, wie jeden Abend, beeindruckende Cirruswolken Schwerwetter für Morgen an. Mittlerweile wissen wir: Das hat nix zu bedeuten. Das Barometer steht wie angenagelt bei 1015 und auch morgen wird wohl die Sonne scheinen und kaum ein Lüftchen sich regen.
Donnerstag, 5. Juni
Schon beim Aufwachen stellen wir fest: Barometer gefallen! Wetterbericht verspricht Starkwind aus Südwest für den Nachmittag!! Da können wir es gut verkraften, dass uns ein mäßiges Lüftchen aus Ost zunächst am Leuchtturm Halten vorbei aufs offene Meer hinauszwingt, im Sonnenschein, wie bislang üblich. Ab 15.00 Uhr fängt es an zu regnen und bald darauf laufen wir mit bis zu 8 Knoten im strammen Südwestwind wieder auf die Küste zu. Gereffte Segel, schlechte Sicht, hohe Wellen, ununterbrochener Regen, wir machen endlich gute Fahrt nach Norden. Kurz vor Mitternacht halsen wir uns durch die Engstelle vor Rörvik, der Grenze zwischen und Mittel- und Nordnorwegen.
Freitag, 6. Juni
Weiter gehts mit rauschender Fahrt durch eine dämmrige, wolkenverhangene Nacht. Morgens um 7.00 Uhr segeln wir durch den Hafen von Bronnöysund, wollen aber noch weiter, den guten Wind nutzen, auf den wir so lange gewartet haben. Um 13.00 Uhr machen wir in Sadnessjöen fest, bereits in Sichtweite des Polarkreises. Ein Teil der Mannschaft grummelt verständnislos, warum wir nicht weitersegeln, aber in dieser Gegend lohnt sich das Verweilen ganz besonders: Der Svartisen-Gletscher, die bizarren Inseln Lovunda und Traena, wir sind in der Provinz Nordland angekommen nach 32 abenteuerlichen Segelstunden und über 200 Seemeilen seit Djupfest! Und der Regen hat auch aufgehört. Um 16.00 verholen wir auf die Insel Donna an einen kleinen Anleger. Hier wollen wir saunieren und uns erholen.
Samstag, 7. Juni
Nach tiefem und ausführlichen Nachtschlaf und ausgiebigem Frühstück segeln wir um 9.00 Uhr direkt vom Anleger los. Mit langsamer Fahrt – mal 2, mal 4 Knoten – und unter vollen Segeln gehts nordwärts dem Polarkreis entgegen. Um 19.20 passieren wir die Insel Vikingen mit dem Polarkreis-Monument: Jetzt werden alle Neulinge im Hohen Norden von Neptun und Gattin Thetris persönlich begrüßt und getauft! Nach der Rasur bezeugen die Täuflinge der Gattin mit einem Fusskuss den Respekt. Dann prüft Neptun, ob sie auf der langen Seereise etwas gelernt haben und verleiht nach bestandener Prüfung passende Taufnamen. Nicht nur von uns, sondern auch von vorbeifahrenden Motorbooten wird die Zeremonie ausgiebig fotografiert.
In der anschließenden Flaute fangen wir reichlich Köhler und Dorsch, Prachtexemplare von bis zu 7 Kilo. Wir? Eigentlich fängt nur Sabine… Viele andere halten zwar ebenfalls Angeln und Leinen ins Wasser, aber es ist ausschließlich Sabine, die an diesem Abend einen halben Zentner Fisch an Deck holt. Das muss an ihrem Polar-Taufnamen liegen: „Schrecken der Dorsche“.
Pfingstsonntag, 8. Juni
Gegen halb 2 werden im Nieselregen die nutzlos gewordenen Segel geborgen und wir tuckern zu einem ganz unglaublichen Ankerplatz im Nordfjord. Steile Felswände bis auf 1000 Meter hinauf, überall Schneefelder, Krüppelwäldchen und Mooswiesen, Vogelgezwitscher in der taghellen Nacht. Morgens gehen viele mit dem Beiboot ans Ufer und wandern zu den Schneefeldern empor. Mittags gehen wir Anker auf und fahren ganz bis zum Ende des atemberaubenden, völlig unbewohnten Nordfjords. Dort stoppen wir die Maschine und lauschen ein Weilchen den zahlreichen Wasserfällen und Gletscherbächen des Svartisen-Gletschers. Wir sehen spielende, springende Schweinswale, einen Seehund, einen Seeadler der von Möwen angegriffen wird, wir sehen dahinjagende Wolken- und Nebelfetzen an den Felswänden und Berggipfeln und zeitweilig auch ein kleines Stückchen des Svartisen. Dieser Fjord gehört zum Allerschönsten, was ich in Norwegen gesehen habe und er ist touristisch völlig unerschlossen.
Montag, 9. Juni
Kurz nach Mitternacht liegen wir an einem Holzsteg im Holandsfjord, achteraus geht der Blick auf eine beeindruckende Gletscherzunge des Svartisen. Hier im Fjord funktioniert der Tourismus: Morgen Früh können wir an einer Gletscherwanderung teilnehmen und um 10.00 Uhr kommt der Ausflugsdampfer, dann müssen wir verholen.
Beim Aufwachen überrascht uns strahlend blauer Himmel, Gletscher und Bergspitzen glänzen im Sonnenschein. Heute ist also ein Tag im Hochgebirge angesagt. Die meisten nehmen an der Gletscherwanderung teil, erforschen mit ortskundiger Begleitung die schmalen Grate und tiefblauen Höhlen der Eismassen. Andere wandern und klettern auf den Bergen umher und werden mit einmaliger Fernsicht belohnt: Von den höchsten Bergen aus sind sogar schon die Lofoten zu sehen. Segeltechnisch sind sie derzeit eher etwas ferner gerückt: Strammer Nordwind hindert uns am Weiterkommen. So tuckern wir bloß ein paar Stündchen weiter zur Insel Bolga.
Dienstag, 10. Juni
Die sanften Hügel von Bolga eignen sich hervorragend,um zu überprüfen, ob wir so ganz knapp nördlich des Polarkreises bereits Mitternachtssonne haben. Wir suchen uns ein windgeschütztes Plätzchen im Moos mit Blick nach Norden. Kreisende Möwen im Vordergrund, malerische, flache Inselchen zur Dekoration und die Sonne bleibt tatsächlich ununterbrochen sichtbar. Gegen 2 Uhr steht fest: Wir sind angekommen im Land der Mitternachtssonne!
Mittags bunkern wir Wasser und fahren weiter gen Norden. Heute ist der Wind etwas nordwestlich, sodass wir um halb 2 Segel setzen können. Unser nächstes Ziel ist Bodö. Berge und Gletscher auf dem Weg dorthin liegen im Sonnenschein und wegen der sauberen Luft sieht alles sehr nah aus. Im Nordwesten sind bereits die Berggipfel der Lofoten zu sehen. Trotz Sonnenschein bleibt die Temperatur unter 10 Grad. Schön langsam segeln wir bis Mitternacht und machen bei feinster Mitternachtssonne in Bodö fest.
Mittwoch, 11. Juni
Die Stadt selber kann mit der einmaligen Umgebung nicht so ganz mithalten, aber wir können Geld abheben, einkaufen, Karten abschicken, Internet nutzen, was man in einer Stadt eben so macht.
Gegen 14.00 Uhr gehts wieder weiter. Zunächst bolzen wir gegen 6 Windstärken Nordwind an, bei prallem Sonnenschein und etwa 6 Grad Celsius. Dann setzen wir Segel und kreuzen in den Foldafjord hinein. Gegen Mitternacht haben wir uns von den Inseln und Schären freigekreuzt und segeln im Vestfjord auf die Lofoten zu.
Donnerstag, 12. Juni
Hinter der Lofotenwand, wie die Inselkette zutreffend genannt wird, ziehen Wolken auf, sodass es mit der Mitternachtssonne heute nichts wird. Gegen 2.00 Uhr schläft der Wind ein und wir fahren unter Maschine weiter. Nach ein paar erfolglosen Angelversuchen und erfolgreichen Backversuchen machen wir um 8.00 Uhr in Mortsund fest. Eine Lofotenörtchen wie aus dem Bilderbuch: Großer, imposanter Berg hinter dem Örtchen, Schären davor, im Ort 3 Betriebe für Fischverarbeitung und hundertmeterweise Trockengestelle für Stockfisch. Dazu vielleicht 5 Wohnhäuser.
14.00 gehts wieder los. Wir fangen ein paar Fische in der Flaute und um 19.15 Uhr ist die Petrine im Hafen von Henningsvaer fest. Henningsvaer ist DER Vorzeigeort auf den Lofoten: Sehr imposanter Berg hinter den Häusern, sehr viele Schären davor, mindestens 10 Betriebe für Fischverarbeitung und kilometerweise Gestelle für Stockfisch. Dazu kommen in diesem Fall noch hunderte von Touristen, die um die wenigen Häuser schleichen.
Freitag, 13. Juni
In Henningsvaer ist es gestern Abend für einige recht spät geworden. Und dann muss ja auch noch vormittags der schöne Ort erkundet werden. Um 14.30 Uhr segeln wir los und bekommen unterwegs noch einmal das Lofoten-Panorama in voller Pracht vorgeführt: Sonnenschein wechselt mit Schauerböen, wir segeln mal mit 2 und mal mit 7 Knoten und der Blick geht immer wieder zu den Berggipfeln und Schluchten empor. Wir sehen die Lofotengipfel bis zum äußersten Südwesten und die Gletscher des Festlands in vielen hundert Kilometer Entfernung. Norwegen ist einmalig, die Lofoten aber, die sind noch anders, die sind nicht so ganz von dieser Welt.
Abends in Svolvaer nehmen 8 unserer Mitsegler Abschied und reisen heim. Jetzt warten wir bis morgen Abend auf „die neuen“. Bis hierher war es eine tolle, sehr harmonische Reise mit viel Segeln und immer guter Laune. Das soll so weitergehen!