Die Lofoten: Europas wildeste Inseln.
Samstag, 14. Juni
Im Laufe des Tages treffen alle Mitsegler in Svolvaer ein und um Mitternacht ist die neue Crew komplett und gesund an Bord.
Sonntag, 15. Juni
Nach Sicherheitseinweisung und Wacheinteilung legen wir um 11.00 Uhr in Svolvaer ab. Der Wind kommt ungünstig aus Südwest; wir haben beschlossen, erstmal zum äußersten Ende der Lofoten, möglichst nach Reine, zu segeln und das bedeutet also kreuzen. Bleibt der Wind mal ganz weg, ist auch Zeit zum Angeln. Und ständig haben wir Zeit, das wechselnde Panorama der Lofoten, der Inseln, Fjorde und Berge zu bestaunen. Es gibt Schauer, reichlich Wolken, gelegentlich Sonnenschein und permanent Wind von vorn oder Flaute. Das bleibt die ganze taghelle Nacht so. Im Osten verschwindet langsam das Panorama der Festlandsberge, im Südwesten kommen langsam die Inseln Mosken und Vaeröy über den Horizont.
Montag, 16. Juni
Nimmermüde kreuzen wir uns durch den Tag und um 19.00 Uhr machen wir in Reine fest, nach 32 Stunden, etwa 100 geseglten Seemeilen und in 30 Meilen Entfernung von Svolvaer. Jetzt wissen alle, wie die Petrine durch die Wende geht! Trotz des Schmuddelwetters gehen alle spazieren, steigen auf Berge, versuchen zu angeln.
Dienstag, 17. Juni
In Reine ist es bedeckt, kalt und windstill. Wir tuckern langsam und vorsichtig in Richtung Moskenesstrom. Samstag abend wurde zur Vorbereitung des Lofotentörns „Die Fahrt in den Maelstrom“ von Edgar Allen Poe vorgelesen, nun wollen wir erkunden, was es auf sich hat mit den gurgelnden Strudeln, dem Brüllen der Wassermassen, die sich bei Flutstrom vom Atlantik in den Vestfjord stürzen gleich einem Wasserfall. Bei Lofotodden, dem südwestlichen Ende der Inselkette, stoppen wir die Maschine und überlassen uns dem Moskenesstrom. Der treibt uns bei spiegelglatter See mit 3 Knoten ostwärts auf eine Zone rauschenden Kabbelwassers zu! Ein Zwergwal erkundet die Petrine von allen Seiten und aus nächster Nähe. Dann drehen wir uns im Gezeitenstrom sehr schnell 2 mal im Kreis herum und treiben anschließend mit einer nördlichen Strömung wieder auf Lofotodden zu. Wir halten die Angeln ins Wasser und fangen Dorsch und Köhler für die nächsten Tage, „die besten und edelsten Sorten“, wie E.A.Poe schreibt. Unterdessen scheint die Sonne durch die Wolken, vertreibt sie bald ganz und wir ziehen Regenzeug aus und suchen nach Sonnencreme. Schließlich steuern wir einen Ankerplatz auf der Westseite von Moskenesöya an. Die Ansteuerung ist, wie es bei Poe heißt “ ein verzweifeltes Unternehmen, bei dem das Wagnis die Seemannschaft erstetzte und Mut unser Anlagekapital war“. Belohnt werden wir mit einer Bucht von türkisfarbenem Wasser in einem Dreiviertelkreis von 500 Meter hohen Bergen, darunter der Helseggen, von dem aus der Schriftsteller das tödliche Wirbeln des Maelstroms beobachtet haben will. Den ganzen Nachmittag brauchen wir, um in prallem Sonnenschein den steilen Berg hinaufzukrackseln, von dem aus wir nahezu senkrecht auf die Ankerbucht mit der Petrine herabsehen können. Der Moskenesstrom fließt ruhig und gleichmäßig wie der Rhein bei Duisburg mit ablaufendem Wasser vom Vestfjord in den Atlantik, es sind andere Dinge, die uns hier begeistern: Die Inseln Mosken, Vaeröy und Röst bieten im Süden ein großartiges Panorama, eingerahmt von Schären, Holmen und Riffen. Der Anblick der Berge und Schluchten der Lofoten aber, der sich uns im Norden bietet, ist so wild und einmalig, dass die Worte fehlen. Dies alles bei Sonnenschein und Windstille genießen zu können, ist wirklich ein großes Glück. Um 20.00 Uhr sind alle Wanderer und Bergsteigen nach einem sehr erfrischenden Bad in der karibikfarbenen, nordmeerkalten Bucht wieder an Bord. Wir essen den mittags gefangenen Moskenesdorsch, von der fleißigen Ankerwache wunderbar gebacken und gedünstet, und verlassen um 22.30 Uhr den einmaligen Ankerplatz. Nordwärts tuckern wir die Westküste von Moskenesöya in der Mitternachtssonne entlang. Wer nach all den Eindrücken noch aufnahmefähig ist, sieht in sanftem Mitternachtssonnenlicht die schönste Küste, an der die Petrine in 94 Jahren entlanggefahren ist. Was für ein Tag.
Mittwoch, 18. Juni
Von 3.30 Uhr bis 10.00 Uhr liegen wir in Ramberg auf Flakstadöya, dann geht es wieder hinaus und wir segeln ab mittags mit leichtem Nordwind südwärts im Nappstrom. Der strudelt auch recht beeindruckend und lenkt uns immer wieder vom Bergpanorama ab, das zu beiden Seiten des engen Sundes im Sonnenschein glänzt. Um 18.00 Uhr ist der Wind eingeschlafen und da wir bis Freitagabend noch über 100 Meilen bis Harstad zurücklegen müssen, fahren wir unter Maschine ostwärts entlang der Südküste der Lofoten, an Mortsund, Henningsvaer und Svolvaer vorbei in den Öyhellesund.
Donnerstag, 19. Juni
Um 1.50 Uhr machen wir an einer Holzbrücke im Trollfjord fest, der eine so enge Einfahrt hat, dass man den Eindruck eines Gebirgssees hat, wenn man sich im Inneren des Fjords befindet. Nach dem Frühstück nutzen viele die warme Luft und den Sonnenschein für ein Bad im kalten Wasser, bevor wir uns um 11.00 Uhr wieder auf den Weg durch den Raftsund nach Norden machen. In strahlendem Sonnenschein werden die Segel gesetzt und mit langsamer Fahrt geht es nordwaerts durch den Sortlandsund. Abends passieren wir unter Maschine die enge Risoyrende.
Freitag, 20. Juni
Um Mitternacht kommt wieder Südwind auf und wir segeln im Glanz der Mitternachtssonne ueber den Andfjord bis wir um 3.30 Uhr in Leirvaag festmachen. Leider müssen wir schon um 8.00 Uhr wieder los, denn die Pier wird gebraucht. Wir kommen sehr dicht vorbei am Vogelfelsen von Sundsvollsundet mit geschätzten 5000 brütenden Dreizehenmöwenpaaren bevor wirmit sehr langsamer Fahrt bei Flaute und Sonnenschein südwärts auf Harstad zusegeln können. Um 16.00 Uhr fällt der Anker im Naturhafen von Kjøtta. Spaziergänger werden auf die Insel übergestzt, die Sauna wird geheizt, Pizza wird gebacken und leider muss nun auch die Rückreise geplant werden. Kurz vor Mitternacht motoren wir die letzten 5 Seemeilen nach Harstad hinüber.